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Einhaltung der Forenregeln und Kommunikationskultur

Liebe Forumsnutzer,

gerne stellen wir Menschen mit neuromuskulärer Erkrankung und ihren Angehörigen das DGM-Forum für Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung zur Verfügung und bitten alle Nutzer um Einhaltung der Forenregeln: https://www.dgm-forum.org/help#foren...renregeln_text. Beachten Sie insbesondere folgende wichtigen Punkte:

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Liebe Forumsnutzer,

gerne stellen wir Menschen mit neuromuskulärer Erkrankung und ihren Angehörigen das DGM-Forum für Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung zur Verfügung und bitten alle Nutzer um Einhaltung der Forenregeln: https://www.dgm-forum.org/help#foren...renregeln_text. Bitte eröffnen Sie in diesem Forum nur Themen, die tatsächlich der gegenseitigen Unterstützung von neuromuskulär Erkrankten und ihrem Umfeld dienen und achten Sie auf eine sorgfältige und achtsame Kommunikation.

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    Abschied

    Hallo ihr alle,

    nun melde ich mich nach langer Zeit mal wieder. Ich bin die Tochter einer von ALS betroffenen Mutter. Meine Mutter durfte letzten Samstag im Alter von 70 Jahren ziemlich genau zwei Jahre nach ihrer ALS-Diagnose von dieser Welt gehen. Nach dem mühsamen Schlucken einer Tablette mit Joghurt wurde sie innerhalb weniger Sekunden bleich und rührte sich nicht mehr. Die Sanitäter versuchten noch eine Reanimation, aber ohne Erfolg. So erschüttert wir alle über dieses jähe Ende sind, so dankbar sind wir auch dafür, dass es für meine Mutter ein sehr rascher Prozess war ohne offensichtlichen Kampf. Seit einem Jahr war es ihr sehnlichster Wunsch, endlich sterben zu dürfen. Nun ist sie von ihrem Körper erlöst und hoffentlich an einem schönen Ort, an dem es ihr gut geht.

    Ich habe während der vergangenen zwei Jahre mit großem Interesse euere zahlreichen Beiträge gelesen und so viele wertvolle Anregungen bekommen, die meine Mutter leider nicht annehmen konnte und wollte. Deshalb habe ich mich irgendwann aus dem Forum zurückgezogen. Ich habe großen Respekt vor all denjemigen von euch, die an dieser scheußlichen Krankheit nicht verzagen, sondern weiterhin ihr Leben aktiv in die Hand nehmen und alle Möglichkeiten ausschöpfen, um sich so viel Lebensqualität wie möglich zu erhalten! Und ich möchte euch ehrlich ermutigen, auf diesem Weg zu bleiben! Das ist nicht nur für euch selbst, sondern auch für euere angehörigen von unermesslichem Wert.

    Nicht nur für meine Mutter, sondern auch für meinen Vater und mich waren die letzten beiden Jahre schrecklich. Und dabei war die Verweigerungshaltung meiner Mutter weitaus belastender als die Diagnose ALS. Sie hatte die bulbäre Form, verlor 2021 die Sprache, 2022 die Fähigkeit feste Nahrung und Flüssigkeit zu sich zu nehmen, und 2023 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand erheblich. Die Diagnose traf meine Mutter in bereits zermürbter Verfassung nach jahrelangem chronischen Kopfschmerz. Sie hatte nicht mehr die Energie, um sich mit der ALS auseinanderzusetzen. Daher mache ich ihr keinen Vorwurf, sondern schildere nur, welche Auswirkungen das hatte. Sicher konnte sie nicht anders. Das Schlimmste war für uns, dass mit ihr Kommunikation kaum mehr möglich war, als sie nicht mehr sprechen konnte. Sie antwortete häufig nicht auf E-Mails, verwendete ihr Kommunikationsgerät nicht, und was sie auf Zettel schrieb, war zumeist auch sehr dürftig oder passte nicht zur Frage oder zum Inhalt des laufenden Gespräches. Sie entzog sich einfach. Auf einen einwöchigen Aufenthalt in der Spezialklinik in Ulm konnte sie sich im Frühjahr 2022 einlassen, ging dann kurze Zeit später nochmal für eine Nachuntersuchung hin, aber sagte dann alle weiteren Termine ab, so dass mein Vater und ich über ihren Gesundheitszustand ständig im Unklaren waren. Auch die Logopädie brach sie nach einigen Sitzungen ab. Das von mir bestellte Andickungsmittel für Getränke verwendete sie zum Glück. Doch sie versuchte viel zu lang feste Nahrung zu sich zu nehmen, was bedrohliche Verschluckungsanfälle zur Folge hatte. Als sie im Herbst 2022 definitiv nur noch Püriertes essen konnte, entwickelte sie den Wunsch, mit Sterbefasten aus dem Leben zu scheiden. Die Versorgung mit einer PEG-Sonde lehnte sie ab. Fünf Tage lang nahm sie weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich. Ich respektierte ihren Weg und organisierte Palliativdienst und Hospizdienst. Letztendlich brach sie das Sterbefasten ab, als es körperlich für sie belastend wurde, kommunizierte jedoch weiterhin, ihr Leben beenden zu wollen. Ich befand mich in ständiger Sorge und Anspannung. Dass sie wieder aß und trank, erfuhr ich nur über meinen Vater, nicht von ihr. Sie verweigerte sich jeder Antwort auf diesbezügliche Nachfragen. Vermutlich ausgelöst durch das begonnene Sterbefasten baute sie körperlich massiv ab, stürzte häufig und wirkte auch wiederholt geistig verwirrt. Im April 2023 unternahm sie einen erneuten Versuch des Sterbefastens. Wieder nahm sie fünf Tage absolut gar nichts zu sich, um danach wieder zu essen und zu trinken. Jedoch war sie hiernach noch verwirrter als zuvor, wurde körperlich aggressiv gegenüber meinem Vater und unternahm so riskante Fluchtversuche aus meinem Elternhaus, dass wir uns nicht anders zu helfen wussten, als sie ins Krankenhaus einweisen zu lassen. Da bekam sie eine Woche lang Flüssigkeitsinfusionen, wodurch sie wieder klar im Kopf wurde und auch wieder ein bisschen verständlicher schreiben konnte. Diese vorübergehende Besserung hielt einige Wochen an. Doch im August litt sie erneut an Verwirrtheitszuständen und Gehproblemen, war jedoch nicht mehr zugänglich für eine nochmalige Flüssigkeitsinfusion. Wieder stürzte sie häufig und wurde aggressiv gegenüber meinem Vater. Wir konnten ihren Zustand nicht mehr einordnen. Ich zog einen Flüssigkeits- und Nährstoffmangel, Organversagen durch das lang anhaltende Fasten sowie das Fortschreiten der ALS in Betracht. Mein Vater hatte Vermutungen in Richtung frontotemporaler Demenz, aber untersuchen lassen wollte sie sich nicht. Und meiner Ansicht nach war sie schon immer sehr eigensinnig und wenig zugänglich für konstruktive Hilfe. Letztendlich begann sie zwei Tage vor ihrem Lebensende zum dritten Mal Sterbefasten. Das Einzige, was sie noch zu sich nahm, waren die erwähnten Tabletten zusammen mit einem Löffel Joghurt.

    Was nehme ich aus diesen schmerzlichen Erfahrungen mit: Sollte mich dieses Schicksal irgendwann einmal treffen, was ich natürlich nicht hoffe, mich aber natürlich dennoch immer mal wieder umtreibt, würde ich alles Erdenkliche dran setzen, in meinem eigenen Interesse und im Interesse meiner Familie die verfügbaren Hilfen anzunehmen, und falls ich das nicht kann, ernsthaft selbstbestimmt aus dem Leben zu gehen. Die Krankheit ist das eine, der Umgang damit ist aber letztendlich der entscheidende Punkt für alle Betroffenen und Angehörigen.

    Vielleicht ermutigt euch unsere Geschichte, weiterhin aktiv euer Schicksal in die Hand zu nehmen, damit es nicht so wird wie bei meiner Mutter.

    Viele liebe Grüße und euch weiterhin alles erdenklich Gute auf euerem Weg
    Julina

    #2
    Liebe Julina,

    sehe es einfach so, dass deine Mutter erlöst ist. Ich finde mich in deiner Schilderung ganz arg wieder. Ich bin auch eine schwierige Patientin. Ich will diese Krankheit mit Sicherheit nicht bis zum bitteren Ende "auskosten".
    Heute haben bei mir zum ersten Mal die Beine völlig versagt, war kein schönes Gefühl.

    Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft und letztendlich auch das notwendige Verständnis für das handeln deiner Mutter im Nachhinein.
    "Wer die Gegenwart genießt, hat in Zukunft eine wundervolle Vergangenheit"
    Lächelbrett

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      #3
      Hallo Julina,

      ​​​​​​danke dass du dich hier wieder meldest und so ausführlich den Weg deiner Mutter schilderst. Ich erinnere mich noch an deine letzten Posts und habe eben nochmal nachgelesen, wie steinig das schon vor einem Jahr war.
      Es tut mir sehr leid, dass du sie unter so harten Umständen verloren hast. Ich kann mir nicht vorstellen, wie die psychische Belastung der letzten Jahre dich und deinen Vater mitgenommen hat. Schwer zu sagen, ob es vielleicht Demenz, chronische Schmerzen oder schwere Depressionen waren, die deiner Mutter ein lebenswertes Leben mit ALS so unvorstellbar und damit wohl auch unmöglich gemacht haben.
      Dein Appell alle möglichen Hilfen zumindest in Betracht zu ziehen und idealerweise zum besten der Lebensqualität anzunehmen, finde ich sehr wichtig und ist auch ein guter Vorsatz für dich selbst.

      ​​​​​​Deshalb möchte ich dich auch darin ermutigen weiter über deine Erfahrungen und Trauer zu sprechen. Egal ob mit Freunden, Profis, deinem Vater, in einem Hinterbliebenen-Gesprächskreis, bei der Arbeit, im Selbstgespräch oder im Internet. Es dürfte dich weiter in deinem Leben beschäftigen, aber es muss nicht immer weg tun. Ich glaube je ungezwungener man der Trauer Freizeit gibt zu kommen und zu gehen wie sie will, desto weniger drückt sie in gute Situationen rein.
      Und ich denke auch an deinen Vater, der soviel Schmerz erlebt hat. Ich hoffe auch er findet mit der Zeit einen Weg sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen. Er hat die Chance selbstbestimmt sein neues Leben zu beginnen und aus den Erfahrungen für sich und seine Zukunft Schlüsse zu ziehen.
      Viel Kraft euch beiden!

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        #4
        Hallo Judit,

        ja, meine Mutter ist erlöst, und darüber bin ich neben aller Trauer und Erschütterung sehr erleichtert!
        Deine emotionale Belastung durch das Fortschreiten der ALS kann ich sehr gut nachvollziehen. Das ist schon eine scheußliche Situation, allmählich Fähigkeiten zu verlieren und völlig normal, dass das bei jedem Betroffenen Trauer und Angst auslöst und bei vielen auch zu Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit führt. Und ich habe volles Verständnis für diejenigen, die bewusst entscheiden, den Weg nicht bis zu einem natürlichen Lebensende gehen zu wollen. Angesichts der Erfahrungen mit meiner Mutter kann ich aus Angehörigensicht halt nur sagen, dass in einem solchen Fall eine fundierte ernsthafte Entscheidung deutlich besser zu verkraften ist als ein Monate oder Jahre langes hin und her, bei dem alle in ständiger Anspannung und Sorge leben und am Ende völlig zermürbt sind, weil man einfach überhaupt nicht helfen konnte. Ich habe während der Krankheit meiner Mutter immer wieder Gespräche mit Familie und Freunden und auch mit einer Therapeutin geführt. Doch am Ende drehte sich jedes Gespräch im Kreis, da bei meiner Mutter so viel im Unklaren blieb und sie nichts annahm, und eine Lösung für uns Angehörigen nur darin bestehen konnte, möglichst viel Schönes und Ablenkendes als Ausgleich zu schaffen, um dem Schicksal meiner Mutter nicht so viel Raum zu geben. Doch das ist halt auch leichter gesagt als getan. Für mich war es noch leichter als für meinen Vater, der sie Tag und Nacht um sich herum hatte und sie in den letzten Monaten auch nicht mehr alleine zu Hause lassen konnte. Dafür kamen Betreuerinnen, die jedoch ebenso in ständiger Angst lebten, weil keiner wusste, was im nächsten Moment passiert.
        Und du, Judit, liest und schreibst in diesem Forum. Auch das finde ich einen total guten und konstruktiven Schritt, weil du dir damit die Chance gibst, Anregungen und Hilfen anzunehmen. Meine Mutter hätte sowas nie gemacht. Ich erzählte ihr einige Male, dass ich im Forum bin, das interessierte sie jedoch gar nicht.
        Liebe Grüße
        Julina

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          #5
          Hallo Blixa,

          vielen Dank für deine Anteilnahme! Ich erinnere mich an deine wertvollen Tipps, die du mir vor ein bis zwei Jahren gegeben hast.
          Wie gesagt ist die Situation für mich im Verhältnis deutlich leichter als für meinen Vater. Ich habe noch meine Familie, meine Arbeit und meine Freunde. Mein Vater konnte sich durch die Pflege meiner Mutter kaum Ausgleich schaffen und ist schier daran zerbrochen. Doch es beruhigt mich, dass er sich seit ihrem Lebensende vor einer guten Woche täglich spürbar stabilisiert und auch wieder unter die Leute geht. Sicher werden wir noch viele Gespräche führen, um das alles zu verarbeiten.

          Liebe Grüße
          Julina




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