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Keinen Sinn in therapeutischen Maßnahmen

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    Keinen Sinn in therapeutischen Maßnahmen


    Hallo zusammen,

    bei meinem Vater (69) wurde Mitte Januar leider ALS diagnostiziert. Offiziell ist es eine Verdachtsdiagnose, basierend auf verschiedenen Messungen der Nerven und Untersuchung des Hirnwassers.

    Der aktuelle Stand ist, dass er kaum noch Kontrolle über das linke Bein hat und er nur noch mit Rollator oder (immer seltener) mit Gehstock gehen kann. Bei den Untersuchungen wurden auch schon erste neurologische Ausfälle des rechten Beins festgestellt. Seine Aussprache wird immer verwaschener, wobei es Themen gibt (meist Erzählungen von Erlebtem), bei denen er sehr deutlich und verständlich spricht. Denke, es sind die Themen, bei denen er sich weniger konzentrieren muss. Beim Lachen (leider wird es aufgrund seiner psychischen Verfassung immer seltener) fällt allerdings auf, dass ihm die Luft knapp wird. Die Kraft in den Armen ist bisher noch sehr ausgeprägt und es ist noch keine Beeinträchtigung festzustellen.


    Die Diagnose hat uns alle hart getroffen und wir (meine Schwester, meine Mutter und ich) kämpfen grade damit, meinen Vater wieder aufzubauen. Allerdings fällt dies grade sehr schwer, d.h. er lehnt aktuell Maßnahmen wie Krankengymnastik/Physio (lief bereits) oder Logopädie (soll nun beginnen) ab und möchte einfach nur seine Ruhe, da er keinen Sinn darin sieht und dies nur uns zuliebe macht. Dies hat nun leider auch schon zu mehreren Streits geführt. Ich kann seine Situation sehr gut nachvollziehen. Allerdings ist mir die Wichtigkeit dieser Maßnahmen bewusst, um weitere Verschlechterungen zu vermeiden.

    Aus diesem Grund stellen sich mir die folgenden Fragen:
    • ist das Ablehnen der Maßnahmen normal in der ersten Verarbeitungsphase und kehrt die Bereitschaft irgendwann zurück? Gibt es hier Erfahrungen von Personen, die keine Therapiemaßnahmen genutzt haben? Auch wenn man es sicherlich nicht vergleichen kann und jeder Verlauf anders ist: treten sehr schnell Verschlechterungen ein und lassen sich diese durch Aufnahme von therapeutischen Maßnahmen wieder rückwirkend reinholen? Ich kann meinen Vater sehr gut verstehen und würde ihm gerne testweise die gewünschte Ruhe gönnen, fürchte nur eine Verschlimmerung der Situation.
    • Wie wichtig seht ihr das Einholen einer Zweitmeinung? Gibt es hier Fälle, bei denen ALS als Verdachtsdiagnose ausgesprochen wurde, die sich durch eine Zweitmeinung nicht bestätigt haben? Das Problem ist, dass mein Vater aufgrund von psychischen Problemen (Neigung zu Panikattacken) längere Autofahren verabscheut und leider keine Klinik, die auf ALS spezialisiert ist, in unmittelbarer Nähe ist.
    Vielen Dank für eure Antworten,

    SWS

    #2
    Für eine ALS-Diagnose sollte unbedingt eine spezialisierte Ambulanz aufgesucht werden.

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      #3
      Hallo SWS,

      eine Zweitmeinung ist sehr wichtig. Wie weit ist die nächste ALS- Ambulanz denn entfernt? Ggf. besteht die Möglichkeit, die Reise dorthin für deinen Vater so zu gestalten, dass es für ihn erträglich ist.

      LG, Collien

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        #4
        Hallo Collien​,
        die nächste ALS Ambulanz (Mannheim) wäre rund 150km entfernt. Eigentlich keine Distanz, aber für ihn ist das eine ordentliche Strecke.
        Wie läuft dies generell ab? Ambulanz klingt für mich nicht wie ein stationärer Aufenthalt, d.h. werden die Untersuchungen dort am gleiche Tag durchgeführt? Werden die bereits durchgeführten Untersuchungen wiederholt oder werden die Ergebnisse und Laborwerte der ersten Untersuchung nur erneut von einem auf ALS spezialisierten Arzt begutachtet? Mein Vater fand die EMG und die Hirnwasseruntersuchung sehr unangenehm und schmerzhaft. Glaube, es könnte schwer bis unmöglich sein, ihn erneut dazu zu motivieren.

        Vielen Dank und Grüße,
        SWS

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          #5
          - Zweitmeinung ist immer nötig.
          - Leider ist diese allermeist eine Bestätigung
          - Wer alle angebotenen Hilfsmittel und Hilfen l nutzt, lebt wirklich länger (mit dieser Erkrankung und trotz aller Beschwerden)!

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            #6
            Beim ersten Termin in der ALS- Ambulanz findet neben einer allgemeinen neurologischen Untersuchung ein Gespräch zur Auswertung und Beurteilung der vorhandenen Berichte statt. Davon abhängig wird dann entschieden, wie es weitergeht.
            Also es ist tatsächlich ein ambulanter Termin. Es ist aber keine einmalige Sache. Man steht eng in Verbindung mit dem behandelnden Arzt. So war es jedenfalls bei uns (Uni Münster).

            Das so eine Reise ne Nummer für deinen Vater ist, glaub ich sofort. Ich habe selbst eine Angst- und Panikstörung. Solche Tagesprojekte bringen mich auch gern an die Grenzen. Überlege, wie es für deinen Vater angenehmer sein kann. Wie kann man die Situation, die zur Panik führt, entschärfen?
            Mir z.B. hilft es, die Situation in Etappen aufzuteilen. Wäre es mein Termin, würde ich einen Tag vorm Termin anreisen. Mir ein Hotel nehmen, damit ich am nächsten Tag schon da bin.

            Ich halte einen Termin dort für sehr wichtig. Denn zum einen besteht noch die kleine Hoffnung, dass es doch keine so schwerwiegende Diagnose ist. Zum anderen hat man mit Anbindung an eine ALS- Ambulanz mehr Möglichkeiten, z.B. die Teilnahme an Studien, um Medikamente zu erhalten, die noch nicht hier auf dem Markt sind.
            Mein Mann hätte diese Möglichkeit bekommen, aber die Krankheit war leider schneller.

            Mit der richtigen Diagnose lassen sich auch zielgerichteter die Therapien und das weitere Vorgehen gestalten.

            Vllt. braucht dein Vater auch erstmal noch etwas Zeit. ALS auch als Verdachtsdiagnose haut einen erstmal um.

            LG, Collien

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              #7
              Hallo, ich finde eine zweite Meinung und die Anbindung an eine ALS Ambulanz auch sehr wichtig. Diese können zur Not auch zwischen den Terminen ein wichtiger Ansprechpartner sein. Ich kenne leider wenig niedergelassenen Ärzte die wirklich Ahnung von ALS haben. Es ist auch gut den Sozialdienst in so einer Klinik im Hintergrund zu haben. Ich denke nicht das therapeutische Maßnahmen Ausfälle rückgängig machen, aber sie steigern das körperliche und seelische Wohlbefinden, was ich persönlich enorm wichtig finde. Es entlastet alle .Viel Erfolg Petra

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                #8
                Was helfen könnte für die Psyche, ist auch ein Treffen mit Betroffenen - aber bestens nur solchen, die eine positive Einstellung zu jeglichen Art von Hilfsmitteln und auch zu Therapien haben.
                Da wäre der Verein ALS-Mobil zu nennen (in Berlin - leider eine reichliche Strecke entfernt wahrscheinlich für Euch). Aber es ginge eventuell auch Online-Meeting. Oder nur schriftlich per Mail (von und mit positiv eingestellten Betroffenen).
                Oder sogleich einen Reha-Aufenthalt in Klinik "Hoher Meissner" beantragen (diese kann helfen körperlich und psychisch).
                Wenn eine Anreise mit eigenem PkW zu stressig wäre, so gäbe es auch Anreisen mit DB und / oder mit Bus.
                Es dauert bei fast allen betroffenen Menschen etliche Wochen / Monate bis die Diagnose etwas anfänglich "verdaut" werden kann.

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                  #9
                  Vielen Dank für eure netten Rückmeldungen.
                  Es hilft enorm, eure Meinungen zu hören, da man bzgl. ALS meistens nichts weiß, wenn man nicht unmittelbar betroffen ist.
                  Ich werde schauen, inwiefern wir meinen Vater zum Einholen einer Zweitmeinung motivieren können. Es scheinen sich ja alle einig, dass dies wichtig ist. Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist psychisch nicht möglich. Er braucht Kontrolle über Situationen. Wenn er aus Situationen nicht eigenständig weg kann, bricht Panik aus. Deshalb ist ALS für ihn wohl auch noch mal eine extremere Diagnose als ohnehin schon. Die Vorstellung, im eigenen Körper gefangen zu sein, muss für ihn die Hölle sein. Daher wäre aus meiner Sicht psychologische Unterstützung enorm wichtig, aber dies hat er schon vor der Diagnose abgelehnt.
                  Der Tipp bzgl. Austausch ist sicher gut. Kennt jemand eine online Selbsthilfegruppe? Auf dem Dorf, wo meine Eltern wohnen, ist ein Austausch im realen Leben mit Betroffenen eher nicht möglich.
                  Besten Dank und Grüße

                  Kommentar


                    #10
                    melde dich (nicht dein Vater) bei ALS-Mobil und spreche dort die Thematik an.
                    Diese korrespondieren mit allen, die sich dort melden.

                    habe persönliche Erfahrung mit ALS-Mobil und kann schon sagen, dass diese sich engagieren. Obwohl ich kein Mitglied wurde - kann ich die Kontaktaufnahme empfehlen.

                    Auch wenn Ihr kein Mitglied werden wollt. Eine kleine Spende an diese ist sicher gerne angenommen.
                    Ich lernte den Gründer persönlich kennen: Er war noch jung, als ihn die ALS "erwischte". Er war / ist all die Jahre sehr engagiert.

                    Andere Betroffene sollte sich mal vorstellen, wie es ist für JUNGE BETROFFENE!
                    Vielleicht hilft dies, sich selbst weniger "arm und bedauernswert" zu fühlen.

                    Wenn jemand mit Anfang 20 (nach dem Abitur) oder mit Ende 20, oder noch vor 40, von der ALS betroffen wird, so könnten Betroffene mit über 60 ihre Situation anders beurteilen.

                    Und Betroffene (egal welche Muskelerkrankung) sollten sehr ernsthaft folgenden Fakt bedenken:
                    .....es gibt Menschen, die bereits seit Geburt unheilbare tödliche Muskelerkrankungen (oder auch andere Erkrankungen) haben.
                    Warum sollte ich extrem jammern und psychisch absolut down sein, wenn schon Neugeborene Babys mit z.B. Duchenne, SMS und anderen unheilbaren Erkrankungen geboren werden?

                    Ich versuche diese psychische Jammerei - tut mir leid dies so zu sagen - weniger zuzulassen!
                    Sich nicht helfen lassen wollen und dann aber selbst immer niedergeschlagener zu werden? Ist dies sinnvoll?
                    Zuletzt geändert von Gingerbread; 22.03.2024, 15:30.

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                      #11
                      Jammern ist eine Sache, eine psychische Erkrankung eine andere. Eine Anpassungsstörung oder Depressionen sind eine psychische Erkrankung und die haben Respekt und Mitgefühl verdient, wie eine körperliche Erkrankung auch. Deshalb finde ich es nicht schön, wenn du hier nahelegst, dass Betroffene über 60 schon rein rational einen geringeren Leidensdruck verspüren sollten, weil's jemand anderem schlechter geht. Leid ist immer in einem, das kann man nicht mit anderen verrechnen und plötzlich geht's einem gut.

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                        #12
                        ich schrieb an das Familienmitglied und nicht dem Betroffenen selbst!

                        Glaubst du, dass für mich ALS ein lustiger Spaziergang ist?
                        Man sollte / könnte engagiert versuchen sich "im Zaum" zu halten. Auch wenn man total "geknickt" ist.

                        Aber ich habe mehr Mitgefühl für kleinen Menschenkinder, die noch so sehr jung und dennoch schon totgeweiht sind.

                        Ich würde mich schämen, mich an vorderer Stelle zu bejammern!

                        Die Psyche ist gestresst - aber ich bin derart empathisch, dass ich den Unterschied zwischen Erwachsenen und zum Beispiel den kleinen Menschenkinder erkenne (die ab Geburt so sehr krank sind - egal welche Erkrankung).

                        Die "Psyche" wird oft angeführt bei Erwachsenen!
                        Zuletzt geändert von Gingerbread; 22.03.2024, 15:24.

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                          #13
                          Gingerbread, dein Post hat mit Empathie mal überhaupt nichts zu tun. Deine Sätze sind anmaßend. Auch wer selbst eine schlimme Erkrankung hat, hat nicht das Recht, das Leid anderer abzuwerten. Du kannst deine Meinung dazu haben, aber du weißt nur, wie es ist, dein Leben zu leben - nicht das der anderen. Egal wie alt andere sind und ob sie psychisch oder körperlich krank sind.

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                            #14
                            Alle weltweit, die ALS (und andere schwerste unheilbare Erkrankungen) diagnostiziert bekommen, sind stark mitgenommen - verständlich!
                            Man kann alle Betroffenen bedauern und Mitgefühl haben.
                            Für manche Menschenkinder darf man aber mehr Mitgefühl aufbringen! Dies ist nicht negativ zu beurteilen!
                            Wir bedauern kleine und junge Menschen eben noch mehr und auch deren Familien als uns selbst!
                            Die Kleinen können noch nicht deren Situation mittels geistigen / psychischen Fähigkeiten beeinflussen.
                            Oft sind die Kleinen sogar positiver gestimmt, weil eben diese "Fähigkeiten" noch nicht stark vorhanden sind. Eher ein Glück für diese!

                            Erwachsene können aber schon versuchen ihre Möglichkeiten zu beeinflussen - da Fähigkeiten der Intelligenz meist vorhanden sind!

                            Es gibt eben solche und andere!
                            Zuletzt geändert von Gingerbread; 22.03.2024, 15:34.

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                              #15
                              Hallo SWS,
                              deine Fragestellung ist bereits einige Monate her und wahrscheinlich sieht die Situation bei dir und deiner Familie mittlerweile völlig verändert aus. Ich erkenne einige Parallelen, deshalb möchte ich Dir einmal hier antworten und mich mit dir austauschen. Bei meiner Mutter (75) wurde nach einigen Untersuchungen und 2-tägigem KH Aufenthalt in der Neurologie im April diesen Jahres der Verdacht auf ALS gestellt. Bereits in den Jahren zuvor war sie durch verschiedene Krankheiten und Symptome psychisch und physisch geschwächt. Die ALS hat dann das Fass förmlich zum Überlaufen gebracht - nett ausgedrückt. Sie leidet an Muskelfaszikulationen, Sprach- und Schluckstörungen, starker Schwäche in beiden Armen und Händen, außerdem läuft sie stark eingeschränkt - ausserhalb der Wohnung fast garnicht, wenn nur mit dem Rollator. In den Monaten vor der Verdachtsdiagnose war sie aber auch schon sehr wenig mobil.

                              Termine und Kontakt für Physiotherapie und Logopädie habe ich für meine Mutter organisiert, diese nimmt sie nun auch war, obwohl sie das alles als zu anstrengend findet. Ebenso habe ich den Kontakt zu einer ALS Selbsthilfegruppe im Münsterland hergestellt der uns freundlicherweise mit einer Menge Infomaterial versorgt hat. Diese liegen allerdings seit Wochen unangerührt bei meinen Eltern, die beiden verspüren überhaupt nicht den Drang sich über die Krankheit zu informieren und sich damit auseinanderzusetzen. Für meine Eltern ist klar, dass man innerhalb 3-5 Jahren stirbt, denn so sagt es Google (und leider auch der Neurologe der den Verdacht gestellt hat) und das nehmen sie jetzt als gottgegeben (oder was auch immer) hin.
                              Meine Mutter hat bereits geäußert, dass sie jetzt lieber abwarten und sterben möchte. Alles andere ist ihr zu anstrengend...
                              Da meine Eltern ebenfalls sehr ländlich leben (und ALS ja einfach eine sehr seltene Krankheit ist) gibt es auch keinen Austausch unter Gleichgesinnten. Ich kenne einfach niemanden sonst mit dieser Krankheit. Kontakte zu Selbsthilfegruppen per Telefon oder Email werden abgelehnt. Psychologische Unterstützung ebenfalls.

                              Ich konnte für meine Mutter einen Termin in der ALS Ambulanz in Essen ergattern. Dieser ist nun in 2 Wochen. Zunächst hatte sie einen Besuch dort völlig abgelehnt, nun lässt sie es vermutlich mir zu liebe mehr oder weniger über sich ergehen, sieht aber keinen Sinn darin. Bei ihrem Hausarzt fühlt sie sich am besten aufgehoben, sagt sie...

                              Mich macht das wütend, ärgerlich, aggressiv und ich kann auch nicht einfach die Hände in den Schoß legen und nichts tun.
                              Ich würde mich freuen zu hören, ob sich bei deinem Vater die Einstellung zu seiner Krankheit verändert/verbessert hat. Vielleicht können wir uns ja etwas austauschen.

                              Viele Grüße
                              Frau N.

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