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Mein ganz privates 9/11 – 10 Jahre ALS

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    Mein ganz privates 9/11 – 10 Jahre ALS

    Kaum jemand, der älter als15 Jahre alt ist, hat diesen Tag vor 10 Jahren vergessen; wir alle sahen völlig ungläubig die schrecklichen Bilder auf unseren Fernsehgeräten. Zuerst die beiden Flugzeuge, die ins World Trade Center rasten und dann das Unvorstellbare: der Kollaps der beiden Türme. Mehr als 3000 Menschen starben, in der Folgezeit wurden sinn- und erfolglose Kriege angefangen um ‘das Böse’ zu besiegen - nichts würde mehr so sein, wie es war. Die USA und die westliche Welt haben sich seit diesem Tag verändert, aber bis heute gibt es Angst und noch keinen wirklichen Frieden.

    In meinem Fall hat dieser Tag noch eine persönliche Bedeutung. Schon im Frühling 2001 hatte ich kleine Probleme an der rechten Hand festgestellt: ich konnte die Drehkappen der Markierstifte nicht mehr aufmachen, später wurden auch Wäscheklammern immer schwieriger. Nachdem ich 43 Jahre lang pumperlgesund war, machte ich mir aber keine großen Gedanken. Auf dem Internet suchte ich mögliche Ursachen und im August ging ich das erste Mal zum Neurologen. Einige merkwürdige Untersuchungen später gab es Entwarnung: kein wirkliches Problem, Magnesium nehmen und in 4 Wochen wieder kommen. Der Termin war Anfang September, da sah der Neurologe bereits eine Rückbildung des Daumenmuskels. Wieder erfolglose Untersuchungen und dann die Bitte, mich ins Krankenhaus zu begeben. Das Internet war diesmal aufschlussreicher, ich stolperte über eine mir unbekannte Krankheit: ALS. Natürlich war ich mir sicher, dass es gar nicht sein kann, dass ICH so etwas habe, aber die Angst begann sich einzunisten. Als die Twin Towers in sich zusammenfielen, wurde mir klar - das Unvorstellbare kann passieren! Die Angst wurde bedrohlich.

    Da wir im April 2001 nach 12 Jahren, in denen wir überall und nirgends gewohnt hatten (London, Zürich, Stuttgart, Washington DC, Antwerpen und Paris) ausgerechnet in Ulm, beim ALS-Zentrum gelandet waren, wurde aus der Angst schnell Gewissheit: auch meine Welt war zusammengefallen, die Veränderung permanent.

    Wie meine Welt 10 Jahre später aussieht? Ein Haus mit Rollstuhl und eine Augensteuerung am PC. Mit dem gehe ich noch immer in die Welt hinaus und treffe Menschen. Anders als früher, unvorstellbar anders für Nichtbetroffene. Ich lebe zusammen mit meinem Mann in dieser Welt von einem Augenblick zum nächsten - langfristige Pläne und realistische Hoffnung auf Änderung gibt es nicht mehr, aber was noch geht ist meistens erträglich und was morgen ist, werden wir sehen.

    Dieses Jubiläum bringt noch einmal alle Gefühle dieses Tages an die Oberfläche und mir wird zumindest eines klar: Angst habe ich keine mehr (zumindest nicht um mich selbst); ALS hat ihren Schrecken verloren – es gab schon zu viele Abschiede und zu viel Leiden. Ich habe irgendwo in meiner kleinen Welt ein Stück Frieden in mir selbst erobert.

    #2
    Hallo PET,

    Dein Beitrag hat mich sehr beeindruckt und nachdenklich gestimmt.
    Auch für meinen Mann und mich ist eine Welt eingestürzt; er ist betroffen, ich bin Angehörige.
    Was mich beeindruckt, ist, dass Du sagst, dass Du ein Stück Frieden in Dir selbst erobert hast. So weit sind wir wohl noch nicht. Aber ich hoffe, dass wir da auch noch hinkommen. Wir entdecken jetzt so langsam, dass es trotzdem noch schöne Momente in unserem Leben gibt. Und wir lernen, sie zu genießen.

    Sei ganz herzlich gegrüßt in Deiner kleinen Welt.
    Und Hut ab, dass Du die letzten 10 Jahre gemeistert hast!

    löwenkind

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      #3
      Ein Stück Frieden

      Respekt! 10 Jahre. Respekt aus meiner Sicht, ich habe gerade erst mein 1-jähriges.

      "Ich habe irgendwo in meiner kleinen Welt ein Stück Frieden in mir selbst erobert" -

      ein Stück Frieden - wie findet man das?

      Kommentar


        #4
        hallo pet

        deine zeilen haben mich sehr berührt. du hast meinen grössten respekt mit deinem satz: "Ich habe irgendwo in meiner kleinen Welt ein Stück Frieden in mir selbst erobert"
        da kommt mir das lied von gölä in den sinn "z'läbe fägt" http://youtu.be/4xI6QaPWsV4

        liebe grüsse
        liberty

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          #5
          Hallo Pet

          muß auch einmal kurz schreiben.

          ich ziehe gedanklich den hut. weiß ja nicht ob du formel 1 schaust wenn ja ich ziehe meinen hut wie nikki lauda am ende bei einem sieg vor vettel.

          dein satz :
          " es gab schon zu viele Abschiede und zu viel Leiden. Ich habe irgendwo in meiner kleinen Welt ein Stück Frieden in mir selbst erobert. " super wahnsinn tiefster respekt

          lieben gruß mondkatze

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            #6
            Mein ganz privates 9/11

            Liebe Petra,
            Dein Betrag hat mich sehr berührt. Ich war beim Lesen so mit meinem Herzen bei Dir, Du hättest es fast merken können.
            Du weisst ja," Gedanken sind Kräfte, jeder kommt zurück mit der Wirkung der er entspringt " habe ich vor langer Zeit mal gelesen.
            Schade, daß wir nicht telefonieren können, denn die Stimme, die der Sprachcomputer aussendet ist nicht schön.
            Liebe Petra ,ich schreibe Dir aber mal eine PN.
            Herzliche Grüße und einen schönen Nachmittag und Abend
            Von Malefitz

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              #7
              Hallo,

              vielen Dank für eure lieben Kommentare.

              @Löwenkind und Juckel: ich habe einen recht langsamen Verlauf, hatte immer Zeit, mich an neue Gemeinheiten zu gewöhnen. Trotzdem habe ich letztendlich einen Zustand erreicht, bei dem kaum noch Bewegungen möglich sind und ich esse nur noch mit voller Konzentration und in Miniportionen ab und zu was (die Kalorien kommen durch die PEG). Auf diese Weise habe ich mich sogar an die schlimmsten Auswirkungen anpassen können, aber es hat gedauert! Die schönen Momente gibt es aber tatsächlich relativ schnell wieder, wenn man nicht von der Krankheit überrollt wird. Bei schnellen Verläufen ist das sicher nicht so einfach?

              Der Frieden ist nicht umfassend, es gibt weiterhin Probleme, Kämpfe und Enttäuschungen mit der Krankenkasse, der Umwelt und in der Partnerschaft. Das 'Stück Frieden' ist mein Verlust der Angst vor dieser Krankheit und dem Tod.

              @liberty und Mondkatze: auch an euch vielen Dank, leider kann ich auf das Lied nicht zugreifen. Vielleicht sollte ich versuchen einen Formel 1 Rollstuhl zu bekommen ;-)?

              @Malefitz: auch an dich vielen Dank für die lieben Zeilen und deine wunderschöne PN. Ich versuche, bald zu antworten. Dir noch viel Glück im Krankenhaus, es geht sicher um Maskenbeatmung. Das ist nicht so schlimm, wie Wolfgang schon gesagt hat. Es geht wahrscheinlich um die Atmung in der Nacht?

              Viele liebe Grüße,

              Petra

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