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gerne stellen wir Menschen mit neuromuskulärer Erkrankung und ihren Angehörigen das DGM-Forum für Erfahrungsaustausch und gegenseitige Unterstützung zur Verfügung und bitten alle Nutzer um Einhaltung der Forenregeln: https://www.dgm-forum.org/help#foren...renregeln_text. Bitte eröffnen Sie in diesem Forum nur Themen, die tatsächlich der gegenseitigen Unterstützung von neuromuskulär Erkrankten und ihrem Umfeld dienen und achten Sie auf eine sorgfältige und achtsame Kommunikation.

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Sterbedatum fixiert – oder mein 31. Oktober

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    Sterbedatum fixiert – oder mein 31. Oktober

    Vorbemerkung:
    Ich bringe einige Aspekte zur Sprache, die für mich bedeutsam sind.
    Mir ist jederzeit bewusst, dass jeder seine eigenen Gründe hat, seine ALS zu sehen und zu bewerten, ebenso das Lebensgeflecht, das vor der Erkrankung lag.
    Die folgenden Zeilen sind also für die meisten im besten Sinne bedeutungslos.

    Ich habe meine ALS nie akzeptiert, hielt sie immer für eine unergründliche Laune der Natur.
    Habe auch nicht gegen diesen Nonsens angekämpft, ich empfand zu Beginn der Krankheit eine Kränkung, dass ich „vorfristig“ sterben musste – das war anfänglich das größte Problem.
    Gleich danach kamen Varianten von Schuldgefühlen, dass ich meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden so etwas Antue.
    Beide Probleme konnten durch viele Gespräche und ausführliche Selbstgespräche minimiert werden.

    Nach der Diagnose 2006 konnte ich zunächst ein weitgehend normales Leben führen bis es Anfang 2008 eine dramatische Zuspitzung gab in deren Verlauf ich mich notgedrungen zu TK und Aufgabe meiner Autonomie entscheiden musste, denn ich war nicht bereit zu sterben.
    Seit 3 ½ Jahren habe ich also mit invasiver Beatmung, PEG und 24 Stunden Pflege die situativen und curativen Möglichkeiten ausgereizt, genauso in der Versorgung mit Hilfsmitteln, Stichwort Permobil und Augensteuerung.

    Das nächste Problem, das auftauchte, lautete: Wie kann ich meinen Willen, die massiven Einschränkungen hinzunehmen mit meinen Grundpositionen vereinbaren und synchronisieren?


    Meine Grundpositionen waren und sind:
    • Ich wollte nie diese Krankheit zum Ausgangspunkt für ein neues Leben machen.
    • Ich wollte nie, dass durch mehrdimensionale Ausdehnung der Krankheit mein Leben vor ALS, immerhin 50 Jahre, ins Plusquamperfekt rückt, dass aus Erinnerungen Erinnerungen an Erinnerungen werden…
    • Ich wollte nie, dass meine Frau ihr Leben aufgibt oder ihre Autonomie mir opfert, ich dachte immer an ihr Leben nach meinem unvermeidlichen Tod.
    Um dieses Problem zu lösen, war es notwendig, meine Lebenszeit selbst zu begrenzen und mich insofern von der ALS unabhängig zu machen.
    So fixierte ich vor einem halben Jahr mein Sterbedatum, zunächst nur für mich
    Ich versuchte, die letzten Tage und auch den letzten Tag mir so eindringlich wie möglich vorzustellen. Es ging mir gut damit.

    Inzwischen vollständig gelähmt, beklagte ich auch die Entsinnlichung meines Lebens.
    Keine Bücher mehr lesen, es gibt Tausende Pdfs von Büchern in meiner Digitalen Bibliothek, die ich angelegt habe, aber Bücher halten und blättern ausgeschlossen.
    Keine Pfirsiche mehr essen, keinen Espresso und Wein, keine Theaterabende, Museumsbesuche, kein Reisen, Reden, Riechen.
    Mir fehlt die Intensität des Lebens, der Verweis auf surrogatgestützte Komponenten – Pdfs statt Buch, per PEG importieren statt Pfirsich genießen –diese Ersatzwelten überzeugen mich nicht dauerhaft.

    Mein Behandlungsvertrag mit meinem Arzt schloss von Anfang an auch palliative Aspekte mit ein.
    So erfuhr ich umfängliche Unterstützung für meine Ambitionen. Letzte Woche saßen wir zusammen und sprachen über Einzelheiten.
    Meine Frau und mein bester Freund werden mich am 31. Oktober begleiten. Wir werden um 11 Uhr auf Station einchecken. Das Sterbezimmer kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden. Das Ärzteteam trifft ein, befragt mich erneut zu meinen Absichten. Sollte ich diese bestätigen, wird ein System von Kathetern in die Leiste gelegt. Das todbringende Verfahren besteht aus 2 Komponenten. Erstens Diskonnekzion der Beatmung von der TK und 2. Verabreichung von Propofol,. Der Prozess, der damit eingeleitet wird, an dessen Ende die Asystolie (= Herzstillstand) steht, dauert etwa 30 Minuten. Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.
    Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.

    Das wird mein 31. Oktober.
    Ich gehe ohne Angst und Scheu auf dieses Datum zu.
    Nur ganz selten und sehr kurz kommt mir mein Entschluss ungeheuerlich vor.
    Und manchmal erwische ich mich bei Tagträumerei, ich unter Johannisbrotbaum und Orangen am Atlantik sitzend, in diesen Träumen gibt es keinen 31. Oktober.
    Zuletzt geändert von M.Proust; 28.09.2011, 00:32.

    #2
    Zitat von M.Proust Beitrag anzeigen
    Vorbemerkung:
    Ich bringe einige Aspekte zur Sprache, die für mich bedeutsam sind.
    Mir ist jederzeit bewusst, dass jeder seine eigenen Gründe hat, seine ALS zu sehen und zu bewerten, ebenso das Lebensgeflecht, das vor der Erkrankung lag.
    Die folgenden Zeilen sind also für die meisten im besten Sinne bedeutungslos.

    Ich habe meine ALS nie akzeptiert, hielt sie immer für eine unergründliche Laune der Natur.
    Habe auch nicht gegen diesen Nonsens angekämpft, ich empfand zu Beginn der Krankheit eine Kränkung, dass ich „vorfristig“ sterben musste – das war anfänglich das größte Problem.
    Gleich danach kamen Varianten von Schuldgefühlen, dass ich meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden so etwas Antue.
    Beide Probleme konnten durch viele Gespräche und ausführliche Selbstgespräche minimiert werden.

    Nach der Diagnose 2006 konnte ich zunächst ein weitgehend normales Leben führen bis es Anfang 2008 eine dramatische Zuspitzung gab in deren Verlauf ich mich notgedrungen zu TK und Aufgabe meiner Autonomie entscheiden musste, denn ich war nicht bereit zu sterben.
    Seit 3 ½ Jahren habe ich also mit invasiver Beatmung, PEG und 24 Stunden Pflege die situativen und curativen Möglichkeiten ausgereizt, genauso in der Versorgung mit Hilfsmitteln, Stichwort Permobil und Augensteuerung.

    Das nächste Problem, das auftauchte, lautete: Wie kann ich meinen Willen, die massiven Einschränkungen hinzunehmen mit meinen Grundpositionen vereinbaren und synchronisieren?


    Meine Grundpositionen waren und sind:
    • Ich wollte nie diese Krankheit zum Ausgangspunkt für ein neues Leben machen.
    • Ich wollte nie, dass durch mehrdimensionale Ausdehnung der Krankheit mein Leben vor ALS, immerhin 50 Jahre, ins Plusquamperfekt rückt, dass aus Erinnerungen Erinnerungen an Erinnerungen werden…
    • Ich wollte nie, dass meine Frau ihr Leben aufgibt oder ihre Autonomie mir opfert, ich dachte immer an ihr Leben nach meinem unvermeidlichen Tod.

    Um dieses Problem zu lösen, war es notwendig, meine Lebenszeit selbst zu begrenzen und mich insofern von der ALS unabhängig zu machen.
    So fixierte ich vor einem halben Jahr mein Sterbedatum, zunächst nur für mich

    Ich versuchte, die letzten Tage und auch den letzten Tag mir so eindringlich wie möglich vorzustellen. Es ging mir gut damit.

    Inzwischen vollständig gelähmt, beklagte ich auch die Entsinnlichung meines Lebens.
    Keine Bücher mehr lesen, es gibt Tausende Pdfs von Büchern in meiner Digitalen Bibliothek, die ich angelegt habe, aber Bücher halten und blättern ausgeschlossen.
    Keine Pfirsiche mehr essen, keinen Espresso und Wein, keine Theaterabende, Museumsbesuche, kein Reisen, Reden, Riechen.
    Mir fehlt die Intensität des Lebens, der Verweis auf surrogatgestützte Komponenten – Pdfs statt Buch, per PEG importieren statt Pfirsich genießen –diese Ersatzwelten überzeugen mich nicht dauerhaft.

    Mein Behandlungsvertrag mit meinem Arzt schloss von Anfang an auch palliative Aspekte mit ein.
    So erfuhr ich umfängliche Unterstützung für meine Ambitionen. Letzte Woche saßen wir zusammen und sprachen über Einzelheiten.
    Meine Frau und mein bester Freund werden mich am 31. Oktober begleiten. Wir werden um 11 Uhr auf Station einchecken. Das Sterbezimmer kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden. Das Ärzteteam trifft ein, befragt mich erneut zu meinen Absichten. Sollte ich diese bestätigen, wird ein System von Kathetern in die Leiste gelegt. Das todbringende Verfahren besteht aus 2 Komponenten. Erstens Diskonnekzion der Beatmung von der TK und 2. Verabreichung von Propofol,. Der Prozess, der damit eingeleitet wird, an dessen Ende die Asystolie (= Herzstillstand) steht, dauert etwa 30 Minuten. Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.

    Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.


    Das wird mein 31. Oktober.
    Ich gehe ohne Angst und Scheu auf dieses Datum zu.
    Nur ganz selten und sehr kurz kommt mir mein Entschluss ungeheuerlich vor.
    Und manchmal erwische ich mich bei Tagträumerei, ich unter Johannisbrotbaum und Orangen am Atlantik sitzend, in diesen Träumen gibt es keinen 31. Oktober.
    Wow ,was ich da lese ist Hammerhart..............vor allem dieser Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten. Satz
    Meine Mutter ist durch den Sauerstoffmangel friedlich eingeschlafen,wir saßen die ganze Zeit bei IHR,überlege dir das noch einmal ob es keine bessere Lösung gibt,für dich und deine Angehörige.
    ulla

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      #3
      Zitat von M.Proust Beitrag anzeigen
      Mein Behandlungsvertrag mit meinem Arzt schloss von Anfang an auch palliative Aspekte mit ein.
      So erfuhr ich umfängliche Unterstützung für meine Ambitionen. Letzte Woche saßen wir zusammen und sprachen über Einzelheiten.
      Meine Frau und mein bester Freund werden mich am 31. Oktober begleiten. Wir werden um 11 Uhr auf Station einchecken. Das Sterbezimmer kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden. Das Ärzteteam trifft ein, befragt mich erneut zu meinen Absichten. Sollte ich diese bestätigen, wird ein System von Kathetern in die Leiste gelegt. Das todbringende Verfahren besteht aus 2 Komponenten. Erstens Diskonnekzion der Beatmung von der TK und 2. Verabreichung von Propofol,. Der Prozess, der damit eingeleitet wird, an dessen Ende die Asystolie (= Herzstillstand) steht, dauert etwa 30 Minuten. Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.
      Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.
      Ich teile fast alles, was M.Proust schreibt und kann die Entscheidung durchaus nachvollziehen. Dieses Ende so selbst bestimmen zu können und dann auch noch eine Ehefrau zu haben, die diese Entscheidug mitträgt, genau das wünsche ich mir auch, wenn ich diesen Punkt erreicht habe. Als ich den Beitrag von M.Proust gelesen habe, kam mir der Gedanke, ob und wo denn evtl. die Abgrenzung besteht zwischen palliativen Aspekten und aktiver Sterbehilfe.
      M.Proust, mich würden deine Überlegungen dazu sehr interessieren, aber natürlich auch die anderer Nutzer des Forums.

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        #4
        Hallo M. Proust,
        alle Versuche, Dich eventuell von Deinem Entschluss abzubringen, wären wahrscheinlich vergeblich, deswegen möchte ich Dir lieber M. Proust, eine gute Reise wünschen.
        Es gehört sicherlich sehr viel Mut dazu, aber ich glaube das es noch mehr Mut erfordert, sich der Krankheit bis zum natürlichem Tode zu stellen.

        Liebe Grüße und Deinen Angehörigen und Freunden, die Du zurück lässt, wünsche ich ganz viel Kraft.
        Wolfgang
        Zuletzt geändert von Wolfgang !; 28.09.2011, 19:53.
        Die Zeit ist schlecht? Wohlan. Du bist da, sie besser zu machen.
        Thomas Carlyle


        Hast Du unsere Hilfsmittellinkliste schon gesehen?
        Augensteuerung Quick Glance TM4 Teil 1 - Augensteuerung Quick Glance TM4 Teil 2[/B]

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          #5
          Zitat von M.Proust Beitrag anzeigen
          Vorbemerkung:
          Ich bringe einige Aspekte zur Sprache, die für mich bedeutsam sind.
          Mir ist jederzeit bewusst, dass jeder seine eigenen Gründe hat, seine ALS zu sehen und zu bewerten, ebenso das Lebensgeflecht, das vor der Erkrankung lag.
          Die folgenden Zeilen sind also für die meisten im besten Sinne bedeutungslos.

          Ich habe meine ALS nie akzeptiert, hielt sie immer für eine unergründliche Laune der Natur.
          Habe auch nicht gegen diesen Nonsens angekämpft, ich empfand zu Beginn der Krankheit eine Kränkung, dass ich „vorfristig“ sterben musste – das war anfänglich das größte Problem.
          Gleich danach kamen Varianten von Schuldgefühlen, dass ich meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden so etwas Antue.
          Beide Probleme konnten durch viele Gespräche und ausführliche Selbstgespräche minimiert werden.

          Nach der Diagnose 2006 konnte ich zunächst ein weitgehend normales Leben führen bis es Anfang 2008 eine dramatische Zuspitzung gab in deren Verlauf ich mich notgedrungen zu TK und Aufgabe meiner Autonomie entscheiden musste, denn ich war nicht bereit zu sterben.
          Seit 3 ½ Jahren habe ich also mit invasiver Beatmung, PEG und 24 Stunden Pflege die situativen und curativen Möglichkeiten ausgereizt, genauso in der Versorgung mit Hilfsmitteln, Stichwort Permobil und Augensteuerung.

          Das nächste Problem, das auftauchte, lautete: Wie kann ich meinen Willen, die massiven Einschränkungen hinzunehmen mit meinen Grundpositionen vereinbaren und synchronisieren?


          Meine Grundpositionen waren und sind:
          • Ich wollte nie diese Krankheit zum Ausgangspunkt für ein neues Leben machen.
          • Ich wollte nie, dass durch mehrdimensionale Ausdehnung der Krankheit mein Leben vor ALS, immerhin 50 Jahre, ins Plusquamperfekt rückt, dass aus Erinnerungen Erinnerungen an Erinnerungen werden…
          • Ich wollte nie, dass meine Frau ihr Leben aufgibt oder ihre Autonomie mir opfert, ich dachte immer an ihr Leben nach meinem unvermeidlichen Tod.

          Um dieses Problem zu lösen, war es notwendig, meine Lebenszeit selbst zu begrenzen und mich insofern von der ALS unabhängig zu machen.
          So fixierte ich vor einem halben Jahr mein Sterbedatum, zunächst nur für mich
          Ich versuchte, die letzten Tage und auch den letzten Tag mir so eindringlich wie möglich vorzustellen. Es ging mir gut damit.

          Inzwischen vollständig gelähmt, beklagte ich auch die Entsinnlichung meines Lebens.
          Keine Bücher mehr lesen, es gibt Tausende Pdfs von Büchern in meiner Digitalen Bibliothek, die ich angelegt habe, aber Bücher halten und blättern ausgeschlossen.
          Keine Pfirsiche mehr essen, keinen Espresso und Wein, keine Theaterabende, Museumsbesuche, kein Reisen, Reden, Riechen.
          Mir fehlt die Intensität des Lebens, der Verweis auf surrogatgestützte Komponenten – Pdfs statt Buch, per PEG importieren statt Pfirsich genießen –diese Ersatzwelten überzeugen mich nicht dauerhaft.

          Mein Behandlungsvertrag mit meinem Arzt schloss von Anfang an auch palliative Aspekte mit ein.
          So erfuhr ich umfängliche Unterstützung für meine Ambitionen. Letzte Woche saßen wir zusammen und sprachen über Einzelheiten.

          Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.

          Das wird mein 31. Oktober.
          Ich gehe ohne Angst und Scheu auf dieses Datum zu.
          Nur ganz selten und sehr kurz kommt mir mein Entschluss ungeheuerlich vor.
          Und manchmal erwische ich mich bei Tagträumerei, ich unter Johannisbrotbaum und Orangen am Atlantik sitzend, in diesen Träumen gibt es keinen 31. Oktober.
          Meine Frau und mein bester Freund werden mich am 31. Oktober begleiten. Wir werden um 11 Uhr auf Station einchecken. Das Sterbezimmer kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden. Das Ärzteteam trifft ein, befragt mich erneut zu meinen Absichten. Sollte ich diese bestätigen, wird ein System von Kathetern in die Leiste gelegt. Das todbringende Verfahren besteht aus 2 Komponenten. Erstens Diskonnekzion der Beatmung von der TK und 2. Verabreichung von Propofol,. Der Prozess, der damit eingeleitet wird, an dessen Ende die Asystolie (= Herzstillstand) steht, dauert etwa 30 Minuten. Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.
          Hallo M.Proust,
          ich melde mich noch einmal bei dir,solltest du dich wirklich für den Weg entscheiden???? dann wünsche ich dir (was soll ich sagen??? für den Übergang zum Ende keine Schmerzen ) und dass dich deine Frau,so...wie du jetzt aussiehst in Erinnerung behält,alles andere ist auch für die Famile nicht schön.
          Ich bin nicht in deiner Situation,und kann es nicht nachfühlen,so verzweifelt zu sein,um dem ganzen ein Ende zu bereiten.

          Wenn ich gerufen werde, so muss ich gehen,

          Wenn meine Zeit auf Erden vorbei ist und
          ich fort muss, dann gebt mich frei und
          lasst mich meinen letzten Weg gehen.
          Diesen Weg, den jeder Mensch einmal gehen
          muss, jeder für sich und jeder alleine!
          Ich hoffe, dass ich mein Leben dann so
          gelebt habe,
          dass ich ihn erhobenen Hauptes gehen
          und am Ende des Weges gerade stehen kann!
          Weint um mich wenn ihr denkt weinen zu
          müssen

          aber lasst euch auch Raum um zu lächeln
          immer dann wenn ihr an mich denkt.
          Bewahrt die schöne Zeit die wir miteinander

          hatten,
          wie einen kostbaren Schatz in euren Herzen
          Seid dankbar für die schönen Erinnerungen,

          die euch für immer bleiben werden.
          Erinnert euch gerne was für ein Mensch ich
          war; was ich für euch
          und ihr für mich ward.

          Denn auch ich werde die Erinnerung an euch
          mit hinüber nehmen und davon zehren
          bis auch ihr auf dem Weg geht und
          ich euch wiedersehe.
          Meine Liebe bleibt bei euch zurück,
          denn das ist das was wirklich zählt und

          bleibt.
          Und eure Liebe wird mich begleiten
          auf dem Weg den ich nun gehen muss.
          Denn es ist nun Zeit, es ist meine Zeit zu
          gehen!
          Es ist nur eine kurze Zeit der Trennung.
          Darum weint nicht, mir geht es nun gut!
          Alle Schmerzen, alle Kränkungen, alle
          Demütigungen, die ich einmal erlitten habe,
          sind hinweg genommen und vergessen,
          als seien sie nie gewesen.
          Ich bin nicht weit weg

          Kommentar


            #6
            ich finde das mutig, ich weiß nicht, ob ich das leben jemals so loslassen könnte. im moment jedenfalls nicht.

            Kommentar


              #7
              Lieber M.Proust,
              Deine Beiträge waren immer ein Genuss. Durchdacht und gut formuliert zum einen und inhaltlich von großer Substanz. Das werde ich sehr vermissen.
              Ich wünsche Dir von Herzen einen schmerzfreien Weg auf der Reise für die Du Dich entschieden hast. Wer weiß, vielleicht sitzt Du dann bald unter Johannisbrotbaum und Orangen, auch wenn der Ozean dann nicht Atlantik heißt... Ich wünsche es Dir.
              Herzliche Grüße!

              Kommentar


                #8
                Hut ab, M. Proust, ich weiß nicht, ob ich das könnte.

                Herzliche Grüße aus Schwerin.
                Lothar
                "Gott hat einen harten linken Haken.", Peter Fox, "Haus am See", 2009

                Kommentar


                  #9
                  die Tränen laufen und laufen. Das darf doch alles nicht wahr sein. Diese Krankheit muss gestoppt werden, verdammt noch mal!!!!!!!!!!

                  Kommentar


                    #10
                    Hallo allerseits,

                    Heike, Du hast sicher recht, dass die ALS gestoppt werden muss. Aber nicht auf die Weise, wie sie M. Proust beabsichtigt.
                    Ich werde mein Leben nicht vorzeitig beenden, auch nicht, wenn ich im LIS (Locked-in-Syndrom) liegen werde. Hauptsache ich kann mich verständigen - z.B. über ein BCI (Gehirn-Computer-Schnittstelle).
                    Mal ganz böse gefragt: Will M. Proust zum "Märtyrer" werden, dass er diese seine persönlichsten Absichten hier veröffentlicht?

                    LG, Gerd.

                    Kommentar


                      #11
                      ich wünsche dir noch alles Gute bis zum 31. Oktober, jeder sollte selber entscheiden können wie weit es geht. Für deine Familie wünsche ich alles Gute sehr viel Gesundheit und Kraft für den Tag und für das Leben danach ohne dich.

                      Kommentar


                        #12
                        Hallo M. Proust,
                        Zitat:
                        Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.
                        Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.
                        Zitatende.
                        Das muss schrecklich sein, die letzten Atemzüge des irrdischen Daseins, allein zu sein. Niemand der einen die Hand hält und so. Also so einsam möchte ich auf gar keinen Fall hinüber gehen!
                        Ich sehe es auch ähnlich wie Gerd, so lange man noch Kommunizieren kann, so lange gibt es eigentlich keinen Grund für einen Suizid! Es sei denn die Schmerzen werden unerträglich.
                        Vielleicht überdenkst Du ja doch noch einmal Deinen Entschluss? Wäre schön.
                        Gruß Wolfgang
                        Zuletzt geändert von Wolfgang !; 30.09.2011, 13:37.
                        Die Zeit ist schlecht? Wohlan. Du bist da, sie besser zu machen.
                        Thomas Carlyle


                        Hast Du unsere Hilfsmittellinkliste schon gesehen?
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                          #13
                          Es ist das Recht eines Jeden, SEINEN Tag frei wählen zu dürfen, aber hier trägt Proust in seiner typisch arrogant-überheblichen Art wieder viel zu dick auf - und auch ich frage mich: Will er unbedingt Märtyrer sein - hat er es nötig, sich als Solchen darzustellen?

                          Außerdem ist sein 30minütiger Todeskampf nur dadurch zu erklären, dass er noch selbst atmen kann! Bei jedem anderen geht es viel schneller! Auch würde man zuerst Propofol nehmen und das Atemgerät langsam runter fahren!

                          Sein Verfahren ist nicht das, was man normalerweise anwendet!
                          Das kann man wesentlich sanfter machen!
                          Zuletzt geändert von Rolling Stone; 30.09.2011, 14:08.

                          Es wäre dumm, sich über die Welt zu ärgern. Sie kümmert sich nicht darum.
                          Marcus Aurelius

                          Mein PLM-Profil: http://www.patientslikeme.com/patien...olling%20Stone

                          UNSERE BEATMUNGS-WG BONN(BAD GODESBERG): http://www.marc-bennerscheidt.de/startern_wg.htm

                          Kommentar


                            #14
                            ich fühle mich von dem detaillierten bericht von M.P. seltsam negativ berührt. ich wundere mich schon sehr, dass so eine persönliche ultimative entscheidung in das forum gestellt wird. nur M.P. weiß, was ihn dazu bewogen hat, seinen tod öffentlich anzukündigen.

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                              #15
                              Lieber M. Proust,
                              in den letzten drei Jahren habe ich zwölf mit der Zeit sehr gute Freunde an ALS durch ihren selbstgewählten Abschied verloren und jeder von ihnen hatte einen Punkt erreicht, wo er kein Ziel mehr sah in seinem „unerträglichem“ Dasein.

                              Jeder von den Betroffenen macht diesen Entschluss mit sich selbst aus und teilt dies auch nur den engsten Familienmitgliedern und sehr nahe stehenden Freunden mit.

                              Vielleicht möchtest Du ein kleines Bisschen mit Deinem Thread erreichen, dass wir Dich abhalten von Deinem Entschluss?

                              Deine Grundpositionen treffen auch für mich zu und ich denke, auch für alle anderen Betroffenen.
                              Trotzdem habe ich gelernt meine Prioritäten anders zu ordnen und sehe noch ein Ziel in meinem „erbärmlichen“ Leben, welches mich ab und zu glücklich sein lässt.

                              Ich wünsche Dir eine schmerzfreie Reise am 31.10. und viel Kraft für Deine Lieben.

                              Mitfühlende Grüsse
                              Uschi
                              Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zuviel Zeit, die wir nicht nutzen.
                              Lucius Annaeus Seneca
                              Mein 1. Buch über PLS / ALS ist auch als E- Book erhältlich: http://www.schulz-kirchner.de/bueche...kt-e-book.html
                              und nach meinem Signaturspruch: am 2. Buch arbeite ich noch momentan.

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