Vorbemerkung:
Ich bringe einige Aspekte zur Sprache, die für mich bedeutsam sind.
Mir ist jederzeit bewusst, dass jeder seine eigenen Gründe hat, seine ALS zu sehen und zu bewerten, ebenso das Lebensgeflecht, das vor der Erkrankung lag.
Die folgenden Zeilen sind also für die meisten im besten Sinne bedeutungslos.
Ich habe meine ALS nie akzeptiert, hielt sie immer für eine unergründliche Laune der Natur.
Habe auch nicht gegen diesen Nonsens angekämpft, ich empfand zu Beginn der Krankheit eine Kränkung, dass ich „vorfristig“ sterben musste – das war anfänglich das größte Problem.
Gleich danach kamen Varianten von Schuldgefühlen, dass ich meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden so etwas Antue.
Beide Probleme konnten durch viele Gespräche und ausführliche Selbstgespräche minimiert werden.
Nach der Diagnose 2006 konnte ich zunächst ein weitgehend normales Leben führen bis es Anfang 2008 eine dramatische Zuspitzung gab in deren Verlauf ich mich notgedrungen zu TK und Aufgabe meiner Autonomie entscheiden musste, denn ich war nicht bereit zu sterben.
Seit 3 ½ Jahren habe ich also mit invasiver Beatmung, PEG und 24 Stunden Pflege die situativen und curativen Möglichkeiten ausgereizt, genauso in der Versorgung mit Hilfsmitteln, Stichwort Permobil und Augensteuerung.
Das nächste Problem, das auftauchte, lautete: Wie kann ich meinen Willen, die massiven Einschränkungen hinzunehmen mit meinen Grundpositionen vereinbaren und synchronisieren?
Meine Grundpositionen waren und sind:
So fixierte ich vor einem halben Jahr mein Sterbedatum, zunächst nur für mich
Ich versuchte, die letzten Tage und auch den letzten Tag mir so eindringlich wie möglich vorzustellen. Es ging mir gut damit.
Inzwischen vollständig gelähmt, beklagte ich auch die Entsinnlichung meines Lebens.
Keine Bücher mehr lesen, es gibt Tausende Pdfs von Büchern in meiner Digitalen Bibliothek, die ich angelegt habe, aber Bücher halten und blättern ausgeschlossen.
Keine Pfirsiche mehr essen, keinen Espresso und Wein, keine Theaterabende, Museumsbesuche, kein Reisen, Reden, Riechen.
Mir fehlt die Intensität des Lebens, der Verweis auf surrogatgestützte Komponenten – Pdfs statt Buch, per PEG importieren statt Pfirsich genießen –diese Ersatzwelten überzeugen mich nicht dauerhaft.
Mein Behandlungsvertrag mit meinem Arzt schloss von Anfang an auch palliative Aspekte mit ein.
So erfuhr ich umfängliche Unterstützung für meine Ambitionen. Letzte Woche saßen wir zusammen und sprachen über Einzelheiten.
Meine Frau und mein bester Freund werden mich am 31. Oktober begleiten. Wir werden um 11 Uhr auf Station einchecken. Das Sterbezimmer kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden. Das Ärzteteam trifft ein, befragt mich erneut zu meinen Absichten. Sollte ich diese bestätigen, wird ein System von Kathetern in die Leiste gelegt. Das todbringende Verfahren besteht aus 2 Komponenten. Erstens Diskonnekzion der Beatmung von der TK und 2. Verabreichung von Propofol,. Der Prozess, der damit eingeleitet wird, an dessen Ende die Asystolie (= Herzstillstand) steht, dauert etwa 30 Minuten. Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.
Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.
Das wird mein 31. Oktober.
Ich gehe ohne Angst und Scheu auf dieses Datum zu.
Nur ganz selten und sehr kurz kommt mir mein Entschluss ungeheuerlich vor.
Und manchmal erwische ich mich bei Tagträumerei, ich unter Johannisbrotbaum und Orangen am Atlantik sitzend, in diesen Träumen gibt es keinen 31. Oktober.
Ich bringe einige Aspekte zur Sprache, die für mich bedeutsam sind.
Mir ist jederzeit bewusst, dass jeder seine eigenen Gründe hat, seine ALS zu sehen und zu bewerten, ebenso das Lebensgeflecht, das vor der Erkrankung lag.
Die folgenden Zeilen sind also für die meisten im besten Sinne bedeutungslos.
Ich habe meine ALS nie akzeptiert, hielt sie immer für eine unergründliche Laune der Natur.
Habe auch nicht gegen diesen Nonsens angekämpft, ich empfand zu Beginn der Krankheit eine Kränkung, dass ich „vorfristig“ sterben musste – das war anfänglich das größte Problem.
Gleich danach kamen Varianten von Schuldgefühlen, dass ich meiner Frau, meiner Familie und meinen Freunden so etwas Antue.
Beide Probleme konnten durch viele Gespräche und ausführliche Selbstgespräche minimiert werden.
Nach der Diagnose 2006 konnte ich zunächst ein weitgehend normales Leben führen bis es Anfang 2008 eine dramatische Zuspitzung gab in deren Verlauf ich mich notgedrungen zu TK und Aufgabe meiner Autonomie entscheiden musste, denn ich war nicht bereit zu sterben.
Seit 3 ½ Jahren habe ich also mit invasiver Beatmung, PEG und 24 Stunden Pflege die situativen und curativen Möglichkeiten ausgereizt, genauso in der Versorgung mit Hilfsmitteln, Stichwort Permobil und Augensteuerung.
Das nächste Problem, das auftauchte, lautete: Wie kann ich meinen Willen, die massiven Einschränkungen hinzunehmen mit meinen Grundpositionen vereinbaren und synchronisieren?
Meine Grundpositionen waren und sind:
- Ich wollte nie diese Krankheit zum Ausgangspunkt für ein neues Leben machen.
- Ich wollte nie, dass durch mehrdimensionale Ausdehnung der Krankheit mein Leben vor ALS, immerhin 50 Jahre, ins Plusquamperfekt rückt, dass aus Erinnerungen Erinnerungen an Erinnerungen werden…
- Ich wollte nie, dass meine Frau ihr Leben aufgibt oder ihre Autonomie mir opfert, ich dachte immer an ihr Leben nach meinem unvermeidlichen Tod.
So fixierte ich vor einem halben Jahr mein Sterbedatum, zunächst nur für mich
Ich versuchte, die letzten Tage und auch den letzten Tag mir so eindringlich wie möglich vorzustellen. Es ging mir gut damit.
Inzwischen vollständig gelähmt, beklagte ich auch die Entsinnlichung meines Lebens.
Keine Bücher mehr lesen, es gibt Tausende Pdfs von Büchern in meiner Digitalen Bibliothek, die ich angelegt habe, aber Bücher halten und blättern ausgeschlossen.
Keine Pfirsiche mehr essen, keinen Espresso und Wein, keine Theaterabende, Museumsbesuche, kein Reisen, Reden, Riechen.
Mir fehlt die Intensität des Lebens, der Verweis auf surrogatgestützte Komponenten – Pdfs statt Buch, per PEG importieren statt Pfirsich genießen –diese Ersatzwelten überzeugen mich nicht dauerhaft.
Mein Behandlungsvertrag mit meinem Arzt schloss von Anfang an auch palliative Aspekte mit ein.
So erfuhr ich umfängliche Unterstützung für meine Ambitionen. Letzte Woche saßen wir zusammen und sprachen über Einzelheiten.
Meine Frau und mein bester Freund werden mich am 31. Oktober begleiten. Wir werden um 11 Uhr auf Station einchecken. Das Sterbezimmer kann nach eigenen Wünschen gestaltet werden. Das Ärzteteam trifft ein, befragt mich erneut zu meinen Absichten. Sollte ich diese bestätigen, wird ein System von Kathetern in die Leiste gelegt. Das todbringende Verfahren besteht aus 2 Komponenten. Erstens Diskonnekzion der Beatmung von der TK und 2. Verabreichung von Propofol,. Der Prozess, der damit eingeleitet wird, an dessen Ende die Asystolie (= Herzstillstand) steht, dauert etwa 30 Minuten. Während dieser 30 Minuten empfehlen die Ärzte, das Zimmer zu verlassen, weil es zu Gesichtsverfärbungen und starkem Muskelzucken kommen kann, die verstörend wirken könnten.
Danach ist Gelegenheit für ein letztes Abschied nehmen, dann trennen sich unsere Wege.
Das wird mein 31. Oktober.
Ich gehe ohne Angst und Scheu auf dieses Datum zu.
Nur ganz selten und sehr kurz kommt mir mein Entschluss ungeheuerlich vor.
Und manchmal erwische ich mich bei Tagträumerei, ich unter Johannisbrotbaum und Orangen am Atlantik sitzend, in diesen Träumen gibt es keinen 31. Oktober.
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