Ohne Worte, oder Nachdenkliches...
Hubert
Schwäbische Zeitung, 7. Januar 2012
Die Unendlichkeit im Sinn
Der Popstar der Astrophysik, Stephen Hawking, wird am Sonntag 70 Jahre alt
Von Miriam Augustin
London – Verträgt sich der Glaube an den Urknall mit dem Glauben an Gott? Astrophysiker und Kosmologe Stephen Hawking weiß um die Grenzen der Wissenschaft: „Ich kann nicht beweisen, dass Gott nicht existiert“, sagte er 2010 in einem Fernsehinterview, um dann noch anzufügen: „Aber die Wissenschaft macht ihn überflüssig.“ Sinnfragen stellt jeder Mensch: Woher kommen wir? Wie entstand das Universum? Die Religion gibt Antworten. Hawking sucht mithilfe der Wissenschaft eine andere Wahrheit. Am Sonntag wird er 70 Jahre alt.
Ein Physiker als Medienstar – das klingt wie ein Widerspruch in sich. Doch Hawkings „Kurze Geschichte der Zeit“ aus dem Jahr 1988 verkaufte sich zehn Millionen Mal und wurde in 40 Sprachen übersetzt. Weitere Bestseller gelangen ihm, auch von seinen Fachkollegen wird der Brite anerkannt. Unter anderem für seine Theorien zu Schwarzen Löchern, die er zum ersten Mal als dichte Masse auf kleinstem Raum identifizierte. Ganz ähnlich war wohl auch der Zustand des Universums beim Urknall.
Doch zu seinem Ruhm hat Hawking, der seit seinem 22. Lebensjahr schwerstbehindert ist und im Rollstuhl sitzt, ein gespaltenes Verhältnis: „Ich weiß, dass es ein Medien-Hype ist. Sie brauchen eine Einstein-ähnliche Figur, die sie anrufen können“, kommentierte er seinen Erfolg bei den Massen schon kurz nach Erscheinen der „Kurzen Geschichte der Zeit“. „Wahrscheinlich hat meine Behinderung zum Verkaufserfolg des Buches beigetragen. Wenn dem so ist, finde ich das bedauerlich.“
Geistig ein Überflieger
Hawking leidet an Amyotropher Lateralsklerose. Laut Ärzteprognosen hätte ihn die Krankheit, die Nerven zerstört, welche für die Muskelsteuerung zuständig sind, schon vor Jahrzehnten das Leben kosten sollen. Hawking lebte weiter, braucht aber Betreuung rund um die Uhr.
Wie Hawking vermutet: Vielleicht ist es gerade der Gegensatz, der die Menschen fasziniert. Ein Mann sitzt im Rollstuhl, hat durch die Folgen eines Luftröhrenschnitts die Stimme verloren. Kommunizieren kann er nur mithilfe eines Sprachcomputers. Doch geistig ist der körperlich Hilflose ein Überflieger, der den Sternen ihre Geheimnisse entlockt.
In der Schule war der junge Stephen übrigens nur Durchschnitt – allein für die Mathematik hatte er Talent. Als Junge spielte er Fußball und bastelte Computer aus Elektroschrott. Später studierte er in Oxford theoretische Physik, während seines Examens diagnostizierten die Ärzte dann die schwere Krankheit. Hawking verlor dadurch aber nicht seinen Lebensmut, er heiratete 1965 und bekam drei Kinder. Die Ehe endete 1990 mit einer Schlammschlacht. Jane Hawking stellte später ihren Ex-Mann als Haustyrannen dar: „Wir, seine Familie, waren die Niedrigsten der Niedrigen.“
Fachlich ist er dafür der „Master of the Universe“ (Meister des Universums), wie ihn einmal die BBC nannte. 1979 wurde Hawking mit dem Lukasischen Lehrstuhl der Universität Cambridge betraut, den einst Isaac Newton innehatte. Fehlt also nur noch der Physik-Nobelpreis: Den hat Hawking wohl vor allem deshalb noch nicht bekommen, weil seine Forschung zum großen Teil aus Annahmen besteht, die erst noch bewiesen werden müssen.
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Stephen Hawking ist seit Jahrenzehnten schwerstbehindert.Foto: dpa
Hubert
Schwäbische Zeitung, 7. Januar 2012
Die Unendlichkeit im Sinn
Der Popstar der Astrophysik, Stephen Hawking, wird am Sonntag 70 Jahre alt
Von Miriam Augustin
London – Verträgt sich der Glaube an den Urknall mit dem Glauben an Gott? Astrophysiker und Kosmologe Stephen Hawking weiß um die Grenzen der Wissenschaft: „Ich kann nicht beweisen, dass Gott nicht existiert“, sagte er 2010 in einem Fernsehinterview, um dann noch anzufügen: „Aber die Wissenschaft macht ihn überflüssig.“ Sinnfragen stellt jeder Mensch: Woher kommen wir? Wie entstand das Universum? Die Religion gibt Antworten. Hawking sucht mithilfe der Wissenschaft eine andere Wahrheit. Am Sonntag wird er 70 Jahre alt.
Ein Physiker als Medienstar – das klingt wie ein Widerspruch in sich. Doch Hawkings „Kurze Geschichte der Zeit“ aus dem Jahr 1988 verkaufte sich zehn Millionen Mal und wurde in 40 Sprachen übersetzt. Weitere Bestseller gelangen ihm, auch von seinen Fachkollegen wird der Brite anerkannt. Unter anderem für seine Theorien zu Schwarzen Löchern, die er zum ersten Mal als dichte Masse auf kleinstem Raum identifizierte. Ganz ähnlich war wohl auch der Zustand des Universums beim Urknall.
Doch zu seinem Ruhm hat Hawking, der seit seinem 22. Lebensjahr schwerstbehindert ist und im Rollstuhl sitzt, ein gespaltenes Verhältnis: „Ich weiß, dass es ein Medien-Hype ist. Sie brauchen eine Einstein-ähnliche Figur, die sie anrufen können“, kommentierte er seinen Erfolg bei den Massen schon kurz nach Erscheinen der „Kurzen Geschichte der Zeit“. „Wahrscheinlich hat meine Behinderung zum Verkaufserfolg des Buches beigetragen. Wenn dem so ist, finde ich das bedauerlich.“
Geistig ein Überflieger
Hawking leidet an Amyotropher Lateralsklerose. Laut Ärzteprognosen hätte ihn die Krankheit, die Nerven zerstört, welche für die Muskelsteuerung zuständig sind, schon vor Jahrzehnten das Leben kosten sollen. Hawking lebte weiter, braucht aber Betreuung rund um die Uhr.
Wie Hawking vermutet: Vielleicht ist es gerade der Gegensatz, der die Menschen fasziniert. Ein Mann sitzt im Rollstuhl, hat durch die Folgen eines Luftröhrenschnitts die Stimme verloren. Kommunizieren kann er nur mithilfe eines Sprachcomputers. Doch geistig ist der körperlich Hilflose ein Überflieger, der den Sternen ihre Geheimnisse entlockt.
In der Schule war der junge Stephen übrigens nur Durchschnitt – allein für die Mathematik hatte er Talent. Als Junge spielte er Fußball und bastelte Computer aus Elektroschrott. Später studierte er in Oxford theoretische Physik, während seines Examens diagnostizierten die Ärzte dann die schwere Krankheit. Hawking verlor dadurch aber nicht seinen Lebensmut, er heiratete 1965 und bekam drei Kinder. Die Ehe endete 1990 mit einer Schlammschlacht. Jane Hawking stellte später ihren Ex-Mann als Haustyrannen dar: „Wir, seine Familie, waren die Niedrigsten der Niedrigen.“
Fachlich ist er dafür der „Master of the Universe“ (Meister des Universums), wie ihn einmal die BBC nannte. 1979 wurde Hawking mit dem Lukasischen Lehrstuhl der Universität Cambridge betraut, den einst Isaac Newton innehatte. Fehlt also nur noch der Physik-Nobelpreis: Den hat Hawking wohl vor allem deshalb noch nicht bekommen, weil seine Forschung zum großen Teil aus Annahmen besteht, die erst noch bewiesen werden müssen.
Hawking img1371710.jpg
Stephen Hawking ist seit Jahrenzehnten schwerstbehindert.Foto: dpa
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