Hallo,
ich möchte mich erst mal kurz vorstellen. Nennt mich einfach Bina. Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht genau, was ich im Grunde Suche. Vermutlich einen Platz, an dem ich mich ausheulen kann. Ich selber bin nicht von ALS betroffen, aber mein Mann, bzw. voraussichtlich. Wir sind eine kleine Familie, unser Leben war bisher normal bescheiden, aber schön. Wir haben eine Tochter, auf die mein Mann natürlich sehr stolz ist. Letztes Jahr bemerkte mein Mann, dass etwas mit seiner Muskulatur im Oberarm nicht stimmte. Da er Gelenkarthrosen hat, war die Vermutung dahingehend, dass es etwas damit zu tun haben könnte. Nun folgten Besuche bei Ärzten. Orthopäden, Neurologen. Diverse Untersuchungen wurden durchgeführt, immer in Richtung Gelenkerkrankung. Die Untersuchungen brachten Befunde hervor, die nicht unbedingt unbekannt waren. CT´s etc. brachten Vorschläge, evtl. ein künstliches Gelenk einzusetzen, weil die Vermutung war, dass es sich um eingeklemmte Nerven handeln könnte. Bei all diesen Arztbesuchen verschlechterte sich der Zustand des Oberarms, bis der Muskel im Prinzip völlig verschwunden war. Beeinträchtigungen der Handmotorik zeigten sich immer massiver. Mein Mann war trotz der bekannten Verschleißerkrankungen im Vorfeld soweit gesund, vor allem sportlich sehr ehrgeizig. Es war schon traurig, mit ansehen zu müssen, wie sich die Muskulatur einfach in Luft auflöste. Natürlich waren wir nicht untätig und suchten im Internet nach Hinweisen. Als erstes stieß ich dann leider auf die ALS Erkrankung. Wir waren uns aber sicher, so etwas könnte es nicht sein. Dann wurde dieser Hinweis aber an die derzeit behandelnden Ärzte weiter gegeben, die allerdings eine ALS Erkrankung ebenfalls als unwahrscheinlich befanden. Zum Glück war nun ein Arzt dabei, der meinen Mann in die MHH stationär einwiesen ließ. Es sollten nur ein paar Tage Aufenthalt sein, doch der stationäre Aufenthalt zog sich in die Länge. Allein das befand ich persönlich als sehr beunruhigend. Warum stellten sie nicht eine Diagnose, einen Therapievorschlag und alles wird wieder schön?
Es wurde eine vorläufige Diagnose gestellt, die dann lautete MMN - multifokale motorische Neuropathie. Ich hatte keine Ahnung, was das war, aber das Internet sollte schnell für Aufklärung sorgen. Eine wirklich nicht schöne Diagnose, 1000 Gedanken, die erste Verzweiflung aber Hinweise der Texte gaben mir Mut, die die Aussage trugen, dass die Lebenserwartung durch diese Erkrankung nicht eingeschränkt sei. Na wenigstens was, mit dem Rest wird man lernen zu leben.
Außerdem wurde mein Mann in eine Studie aufgenommen und sollte von nun an intravenöse Immunglobulininfusionen erhalten. Eine Therapie - wie beruhigend. Nachdem der erste Schock überwunden war und auch die erste sichtbare Schockhaltung meines Mannes verflog, versuchte ich Mut zu machen, indem ich vorschlug, hier auch homöopatische Hilfe zu suchen - denn schaden könne es ja nicht. Meine Hoffnung lag nicht einmal darin, dass es unbedingt was bringt, sondern das man einfach etwas tun kann und das wiederum zur Motivation beitragen könnte. Immerhin ist es ja wichtig, dass die Psyche nicht völlig zusammenbricht. Eine Entgiftungskur wurde eingeleitet, eine Eigenbluttherapie wurde in Aussicht gestellt usw.. Toll - mein Mann, der eigentlich nichts davon hielt, schien hier wirklich die rechte Motivation zu finden. Irgendwie beruhigte sich der Zustand wieder, mein Mann sah besser aus, ich hatte nicht mehr diese ständigen Gedanken im Kopf, die Tränen überkamen mich nicht mehr spontan und unerwartet.
Dann stand der nächste Termin an, zur Immunglobulininfusion. Leider hat sich alles danach geändert. Die Infusionen hatten überhaupt keinen Erfolg. Die Parese schien fortgeschritten, bereits sichtbar im Handrückenbereich. Auch die andere Hand scheint beginnend davon betroffen zu sein. Fakt ist, dass ein Gespräch im Krankenhaus stattfand, dass beim nächsten Termin alle Untersuchungen neu durchgeführt werden müssen. Einmal, um entweder die Diagnose MMN zu erhärten, bzw. die Diagnose ALS zu bestätigen. Es wurde wohl offener darüber gesprochen, als mein Mann mir gegenüber zugibt. Es wurde ebenfalls darüber gesprochen, dass die Infusionen dann wohl abgesetzt werden. Mein Mann machte einen sehr verunsicherten Eindruck. Natürlich ist er mir gegenüber sehr gefasst. Aber plötzlich hat er es sehr eilig, mit mir Ordner zu besprechen, Themen wie Beerdigung stehen auf dem Tisch, Gedanken über Sterbehilfe. Ich könnte nur noch schreien, versuche dabei gefasst zu wirken, aber ich merke, wie ich Tag für Tag immer mehr an Mut und Kraft verliere. Ich versuche ja stark zu bleiben, alleine schon meiner Tochter zuliebe. Sie weiß zwar, dass ihr Vater krank ist, aber natürlich hat sie keine Ahnung über die Gewaltigkeit der Diagnose, wobei MMN schon schlimm genug wäre, aber ALS kann ich meiner Tochter nicht erklären. Immer noch habe ich natürlich die Hoffnung, dass sich beim nächsten Termin die Diagnose ALS nicht bestätigt, aber alles weist darauf hin. Ich beobachte meinen Mann, wie er mich und meine Tochter beobachtet, wie sich Traurigkeit in seinem Gesicht breit macht und er im nächsten Moment versucht, wieder so zu tun, als wäre die Welt in Ordnung.
Die Tage vergehen, an denen nichts anders ist als sonst und doch so grundverschieden von allen Tagen die bisher vergangen waren sind. Ich komme damit einfach nicht zurecht. Den Tag beginnen, zur Arbeit, dass Kind versorgen, den Tag beenden. Ich habe Hunde und ich liebe es einfach, mit ihnen meine Spaziergänge zu machen. Es ist anders als sonst, ich quäle mich vorwärts und in meinem Kopf spielen die Gedanken Karussell. Ich weiß, dass eigentlich schreckliches auf mich, meinen Mann, meine Tochter zukommt und im Moment herrscht diese unheimliche Ruhe vorm Sturm. Eigentlich ist ja alles derzeit noch so unrealistisch normal, aber wie lange noch?. Wir hatten noch so viel vor. Mein Mann hatte immer Visionen im Kopf, wie was ist, wenn unsere Tochter älter wird usw..
Ich glaube, ich suche einfach hier einen Anlaufpunkt, an den ich mich wenden kann, um loszuwerden, was mich anfängt aufzufressen. Um Fragen zu stellen, die mir mit Sicherheit sonst niemand beantworten kann, um mich durch Situationen kämpfen zu können, die ich mir nicht mal wage im Moment bis ins Detail vorzustellen vermag. Ich denke, es ist einfach die unglaubliche Angst, die Hilflosigkeit, aber vielleicht finde ich auch Wege, die positives bringen könnten, die die Hoffnung nicht sterben lassen.
Bina
ich möchte mich erst mal kurz vorstellen. Nennt mich einfach Bina. Ich weiß ehrlich gesagt noch nicht genau, was ich im Grunde Suche. Vermutlich einen Platz, an dem ich mich ausheulen kann. Ich selber bin nicht von ALS betroffen, aber mein Mann, bzw. voraussichtlich. Wir sind eine kleine Familie, unser Leben war bisher normal bescheiden, aber schön. Wir haben eine Tochter, auf die mein Mann natürlich sehr stolz ist. Letztes Jahr bemerkte mein Mann, dass etwas mit seiner Muskulatur im Oberarm nicht stimmte. Da er Gelenkarthrosen hat, war die Vermutung dahingehend, dass es etwas damit zu tun haben könnte. Nun folgten Besuche bei Ärzten. Orthopäden, Neurologen. Diverse Untersuchungen wurden durchgeführt, immer in Richtung Gelenkerkrankung. Die Untersuchungen brachten Befunde hervor, die nicht unbedingt unbekannt waren. CT´s etc. brachten Vorschläge, evtl. ein künstliches Gelenk einzusetzen, weil die Vermutung war, dass es sich um eingeklemmte Nerven handeln könnte. Bei all diesen Arztbesuchen verschlechterte sich der Zustand des Oberarms, bis der Muskel im Prinzip völlig verschwunden war. Beeinträchtigungen der Handmotorik zeigten sich immer massiver. Mein Mann war trotz der bekannten Verschleißerkrankungen im Vorfeld soweit gesund, vor allem sportlich sehr ehrgeizig. Es war schon traurig, mit ansehen zu müssen, wie sich die Muskulatur einfach in Luft auflöste. Natürlich waren wir nicht untätig und suchten im Internet nach Hinweisen. Als erstes stieß ich dann leider auf die ALS Erkrankung. Wir waren uns aber sicher, so etwas könnte es nicht sein. Dann wurde dieser Hinweis aber an die derzeit behandelnden Ärzte weiter gegeben, die allerdings eine ALS Erkrankung ebenfalls als unwahrscheinlich befanden. Zum Glück war nun ein Arzt dabei, der meinen Mann in die MHH stationär einwiesen ließ. Es sollten nur ein paar Tage Aufenthalt sein, doch der stationäre Aufenthalt zog sich in die Länge. Allein das befand ich persönlich als sehr beunruhigend. Warum stellten sie nicht eine Diagnose, einen Therapievorschlag und alles wird wieder schön?
Es wurde eine vorläufige Diagnose gestellt, die dann lautete MMN - multifokale motorische Neuropathie. Ich hatte keine Ahnung, was das war, aber das Internet sollte schnell für Aufklärung sorgen. Eine wirklich nicht schöne Diagnose, 1000 Gedanken, die erste Verzweiflung aber Hinweise der Texte gaben mir Mut, die die Aussage trugen, dass die Lebenserwartung durch diese Erkrankung nicht eingeschränkt sei. Na wenigstens was, mit dem Rest wird man lernen zu leben.
Außerdem wurde mein Mann in eine Studie aufgenommen und sollte von nun an intravenöse Immunglobulininfusionen erhalten. Eine Therapie - wie beruhigend. Nachdem der erste Schock überwunden war und auch die erste sichtbare Schockhaltung meines Mannes verflog, versuchte ich Mut zu machen, indem ich vorschlug, hier auch homöopatische Hilfe zu suchen - denn schaden könne es ja nicht. Meine Hoffnung lag nicht einmal darin, dass es unbedingt was bringt, sondern das man einfach etwas tun kann und das wiederum zur Motivation beitragen könnte. Immerhin ist es ja wichtig, dass die Psyche nicht völlig zusammenbricht. Eine Entgiftungskur wurde eingeleitet, eine Eigenbluttherapie wurde in Aussicht gestellt usw.. Toll - mein Mann, der eigentlich nichts davon hielt, schien hier wirklich die rechte Motivation zu finden. Irgendwie beruhigte sich der Zustand wieder, mein Mann sah besser aus, ich hatte nicht mehr diese ständigen Gedanken im Kopf, die Tränen überkamen mich nicht mehr spontan und unerwartet.
Dann stand der nächste Termin an, zur Immunglobulininfusion. Leider hat sich alles danach geändert. Die Infusionen hatten überhaupt keinen Erfolg. Die Parese schien fortgeschritten, bereits sichtbar im Handrückenbereich. Auch die andere Hand scheint beginnend davon betroffen zu sein. Fakt ist, dass ein Gespräch im Krankenhaus stattfand, dass beim nächsten Termin alle Untersuchungen neu durchgeführt werden müssen. Einmal, um entweder die Diagnose MMN zu erhärten, bzw. die Diagnose ALS zu bestätigen. Es wurde wohl offener darüber gesprochen, als mein Mann mir gegenüber zugibt. Es wurde ebenfalls darüber gesprochen, dass die Infusionen dann wohl abgesetzt werden. Mein Mann machte einen sehr verunsicherten Eindruck. Natürlich ist er mir gegenüber sehr gefasst. Aber plötzlich hat er es sehr eilig, mit mir Ordner zu besprechen, Themen wie Beerdigung stehen auf dem Tisch, Gedanken über Sterbehilfe. Ich könnte nur noch schreien, versuche dabei gefasst zu wirken, aber ich merke, wie ich Tag für Tag immer mehr an Mut und Kraft verliere. Ich versuche ja stark zu bleiben, alleine schon meiner Tochter zuliebe. Sie weiß zwar, dass ihr Vater krank ist, aber natürlich hat sie keine Ahnung über die Gewaltigkeit der Diagnose, wobei MMN schon schlimm genug wäre, aber ALS kann ich meiner Tochter nicht erklären. Immer noch habe ich natürlich die Hoffnung, dass sich beim nächsten Termin die Diagnose ALS nicht bestätigt, aber alles weist darauf hin. Ich beobachte meinen Mann, wie er mich und meine Tochter beobachtet, wie sich Traurigkeit in seinem Gesicht breit macht und er im nächsten Moment versucht, wieder so zu tun, als wäre die Welt in Ordnung.
Die Tage vergehen, an denen nichts anders ist als sonst und doch so grundverschieden von allen Tagen die bisher vergangen waren sind. Ich komme damit einfach nicht zurecht. Den Tag beginnen, zur Arbeit, dass Kind versorgen, den Tag beenden. Ich habe Hunde und ich liebe es einfach, mit ihnen meine Spaziergänge zu machen. Es ist anders als sonst, ich quäle mich vorwärts und in meinem Kopf spielen die Gedanken Karussell. Ich weiß, dass eigentlich schreckliches auf mich, meinen Mann, meine Tochter zukommt und im Moment herrscht diese unheimliche Ruhe vorm Sturm. Eigentlich ist ja alles derzeit noch so unrealistisch normal, aber wie lange noch?. Wir hatten noch so viel vor. Mein Mann hatte immer Visionen im Kopf, wie was ist, wenn unsere Tochter älter wird usw..
Ich glaube, ich suche einfach hier einen Anlaufpunkt, an den ich mich wenden kann, um loszuwerden, was mich anfängt aufzufressen. Um Fragen zu stellen, die mir mit Sicherheit sonst niemand beantworten kann, um mich durch Situationen kämpfen zu können, die ich mir nicht mal wage im Moment bis ins Detail vorzustellen vermag. Ich denke, es ist einfach die unglaubliche Angst, die Hilflosigkeit, aber vielleicht finde ich auch Wege, die positives bringen könnten, die die Hoffnung nicht sterben lassen.
Bina
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